Dienstag, 30. Oktober 2012

Ein September voller Türen

Ich hab es also geschafft. Mit meiner Stauballergie fünf Wochen lang in einer versifften WG zu wohnen war in der Tat eine echte Herausforderung! Dennoch habe ich durchgehalten. Den anfänglichen Frust habe ich auch überwunden und den Job einfach knallhart durchgezogen. Ich habe wirklich nette Leute kennen gelernt - und auch nicht so nette. Ich habe viel über Kommunikation gelernt und sicherlich an Selbstbewusstsein gewonnen. Und ich musste den Kapitalismus für mich neu definieren.

Die Firma Wosser (Name von der Redaktion geändert) ist ein Werbefirma, die mit gemeinnützlichen Organisationen zusammenarbeitet. Sie gibt sich locker und freundlich. Es herrscht eine nahezu familiäre Stimmung. Die Mitarbeiter sind jung und dynamisch und witzig. Und alle sind absolut überzeugt von der Arbeit und der Meinung, dass es der beste Studentenjob ist, den man machen kann. Denn, so wird oft betont, wenn man den Job erfolgreich macht, kann man hier sehr viel verdienen.

Mir fällt vieles was ich mache ziemlich leicht. In vielen Dingen bin ich überdurchschnittlich gut. Durch die Schule bin ich mit wenig Aufwand gekommen und habe doch ein gutes Abi gemacht. Deshalb dachte ich: "Das werde ich schon schaffen. Fünf Mitglieder am Tag zu werben ist also der Durchschnitt. Na das schaff ich doch locker!" Dem war aber nicht so. Und ich musste lernen: Für schwache Leistungen ist hier kein Platz. Zwar wurde ich nicht nach Hause geschickt, allerdings wird in diesem Job deine Qualität als Person daran gemessen, wie gut du schreibst. Du definierst dich über Leistung. Und wenn du keine gute Leistung bringst erhälst du eben weniger Wertschätzung. So musste ich mir anhöre als ich nass bis auf die Knochen im Sintflutregen stand und meinen Teamchef bat mich abzuholen: "Tja, wenn du jetzt jemand wärst der am Tag seine zehn Leute schreibt, okay. Aber so ist mir das zu viel Aufwand, ich bin doch kein Fahrdienst."

Die Firma biete zwar einen Mindestlohn für die Leute die wirklich schlecht schreiben und so mit der Provision nichts verdienen würden. Aber so ist das eigentlich nicht gedacht. Man wird quasi rausgeekelt bevor man Wosser (s.o.) noch länger auf der Tasche liegen kann. Von Menschlichkeit oder Nächstenliebe bleibt nichts übrig. Kapitalismus von seiner unmenschlichsten Seite.